„Neuköllner Modell“: Neue Daumenschrauben für bauwillige Investoren

Im Berliner Bezirk Neukölln gilt seit dem Beschluss des Bezirksamts vom 25. Februar 2020 das sog. „Neuköllner Modell“: Der Bezirk erteilt bei Wohnungsbauvorhaben ab sofort Befreiungen von den Festsetzungen der Bebauungspläne und des Baunutzungsplans 1961 auf Grundlage von § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB nur noch dann, wenn der Bauherr sich in einem städtebaulichen Vertrag mit dem Bezirk zu Gegenleistungen verpflichtet. Diese bestehen insbesondere in der Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnraum (30 Prozent der aufgrund der Befreiung zusätzlich zulässigen Geschossfläche Wohnen) sowie in Ausgleichszahlungen für durch die aufgrund der Befreiung zusätzlich zulässigen Geschossfläche Wohnen entstehenden Bedarfe an Kinderbetreuungs- und Grundschulplätzen.

Der Bauherr muss nun also für eine Befreiung, beispielsweise von der im Baunutzungsplan von 1961 festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche oder Geschossflächenzahl, die gleichen Gegenleistungen erbringen wie ein Bauherr nach dem „Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung“, für dessen Vorhaben mittels eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans überhaupt erst Baurecht geschaffen wird. Allein das zeigt bereits, dass es beim „Neuköllner Modell“ an der für die Rechtmäßigkeit eines Baudispensvertrages nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB erforderlichen Angemessenheit fehlen dürfte. Denn bei der Schaffung von Baurecht durch die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans wird zum einen seitens des Bezirks deutlich mehr geleistet und aufgewendet, zum anderen erfährt das jeweilige Grundstück wohl regelmäßig eine deutlich intensivere Bodenwerterhöhung als bei der reinen Erteilung von Befreiungen von einzelnen Regelungen bereits bestehenden Baurechts.

Das „Neuköllner Modell“ greift zwar erst ab 1.000 Quadratmeter durch die beantragte Befreiung zu schaffender zusätzlicher Geschossfläche Wohnen; gerade in den Innenstadtgebieten, in denen in den meisten Fällen noch immer die Festsetzungen des veralteten Baunutzungsplans 1961 gelten, dürfte diese Schwelle wohl aber bei Wohnungsneubauvorhaben regelmäßig überschritten werden.

Malmendier Legal berät bereits bei drei Bauvorhaben in Neukölln zum Umgang mit dem „Neuköllner Modell“. Je nach konkretem Einzelfall müssen Konstellationen gefunden werden, die eine wirtschaftliche Realisierbarkeit von Wohnungsbauvorhaben trotz der neuen Verwaltungspraxis in Neukölln ermöglichen. 

Vollkommen unverständlich bleibt, warum die Berliner Politik nach dem gerade erst in Kraft getretenen „Mietendeckel“ nun direkt weitere Strafmaßnahmen für diejenigen auf den Weg bringt, die das tun wollen und können, was das Land Berlin seit Jahren nicht schafft: Dringend benötigten Wohnraum schaffen.

Hier finden Sie die Arbeitsanweisung des Bezirksamts Neukölln sowie alle Unterlagen zum „Neuköllner Modell“: https://www.berlin.de/ba-neukoelln/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/planungsrechtliche-auskuenfte/neukoellner_modell.pdf